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Es ist Ostersonntagabend. Für viele Kurzurlauber ist Ostern bereits vorbei. Sie eilen zum Bahnhof. In Kürze fährt der Zug, der sie wieder nach Hause bringt. Auch ich bringe meinen Besuch zum Bahnhof. Begleite ihn zum Bahnsteig. Wir versichern uns, wie schön die gemeinsamen Tage waren. Alsbald fährt der Zug ein. Ein kurzes Gedränge an den Wagontüren, ein flüchtiger Blick zurück, noch ein Winken und verschwunden sind die Lieben hinter dunkel gefärbten Scheiben. Die Türen schließen und der Zug setzt sich langsam in Bewegung.

Ich kehre mich um zum Gehen und laufe den Bahnsteig entlang. In Gedanken an das gemeinsame Erlebte lenke ich meine Schritte zur Tiefgarage. Ich nehme das Parkticket. Da erfasst mich ein riesen Schreck: Ich habe die Brieftasche vergessen! Kein Ausweis, kein Führerschein, nichts und vor allem keinen Cent habe ich einstecken. Wie soll ich jetzt nach Hause kommen? Ohne bezahltes Ticket bekomme das Auto nicht aus der Tiefgarage.

Ich laufe wie ein eingesperrter Tiger den Gang vor dem Kassenautomaten auf und ab. Da kommt eine Frau. Sie geht gezielt zum Automaten, um ihr Parkticket zu bezahlen. Vorsichtig gehe ich langsam in Richtung der Frau. Aus sicherem Abstand spreche ich sie an. Entschuldigend erzähle ich ihr von meinem Missgeschick und wie peinlich mir es wäre. Nur mit einem flüchtigen Seitenblick nimmt sie mich wahr und konzentriert sich dabei auf die Geldtransaktion für ihr Ticket. Als sie das Wechselgeld aus dem Automaten nimmt, drückt sie mir eine 50 Cent Münze mit den Worten in die Hand: „Schöne Ostern“. Ich kann kaum „Danke!“ sagen. So schnell war meine Retterin zwischen den parkenden Autos verschwunden.

Froh über die glückliche Wendung bezahle ich mein Ticket und lausche den Worten nach: „Schöne Ostern!“

Holger Herrmann, Klinikseelsorger an den Diakonie Kliniken Zschadraß

 

Hoffnung sein – Wie das Licht der OsterkerzeHoffnung leben – wie das Licht der Osterkerze.
Etwas Ähnliches versucht Klinikseelsorger Holger Herrmann.