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Wie kann man „Fröhliche Weihnachten“  wünschen, wenn doch in diesem Jahr viele Begleitumstände alles andere als fröhlich sind? Die Auswirkungen des Corona-Virus auf das öffentliche und private Leben sind so heftig, dass sie Traditionen brechen und Gewohntes wegdrücken. Ein Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt, die Weihnachtsmusik auf dem Weihnachtsmarkt, warme Mandeln an der Weihnachtsbude? Alles Fehlanzeige! Auch die Treffen mit Freunden und Bekannten, festliche Tafeln in herrlichen Runden, bis hin zum „Oh du Fröhliche“ in voller Kirche – alles fällt weg. Statt festlicher Vorfreude breitet sich Unsicherheit aus, statt fröhlicher Weihnachtsstimmung Sorgen einer Ansteckung, statt Weihnachtsduft zu genießen, müssen wir Coronavorschriften studieren.

Dass begrenzte Krankenhauskapazitäten zur Sorgfalt im Miteinander verpflichten, kann man verstehen. Quarantäne-Vorschriften sind zwar epidemiologisch erforderlich, aber menschlich manchmal schwer zu ertragen. Und mir scheint, nicht nur für uns, sondern auch für diejenigen, die diese Vorschriften erlassen. Dies führt dazu, dass manche Herzen nicht nur schwer, sondern hart werden. Plötzlich brechen merkwürdige Gräben in unserer Gesellschaft auf, entstehen eigentümliche Fronten zwischen Freunden und in Familien. Einzelne Themen werden tabu und manche Gespräche zu Monologen. Vom „Friede auf Erden“  in der Weihnachtsgeschichte ist dann wenig zu spüren.

Es scheint da völlig unpassend zu sein, was der Pfarrer Paul Gerhardt 1653 in Mittenwalde bei Berlin gedichtet hat: „Fröhlich soll mein Herze springen dieser Zeit, da vor Freud‘ alle Engel singen. Hört, hört, wie mit vollen Chören alle Luft laute ruft: Christus ist geboren.“ (Evangelisches Gesangbuch Nr. 36) Der 30-jährige Krieg lag damals nur wenige Jahre zurück, die Nachwirkungen waren fast überall in Deutschland noch spürbar. Und doch wünscht der Liederdichter: „Fröhliche Weihnachten!“

War das fromm, frech, forsch, was Paul Gerhardt schrieb? Kann man denn bedrückt und zugleich fröhlich sein? Wie können Weihnachtsfeiertage fröhliche Tage werden?

Ich bin überzeugt, dies gelingt, wenn wir uns erinnern, was am ersten Weihnachtsfest geschah: „Heute geht aus seiner Kammer Gottes Held, der die Welt, reißt aus allem Jammer. Gott wird Mensch dir, Mensch, zugute, Gottes Kind, das verbindt sich mit unserm Blute.“, so schreibt Paul Gerhardt in seiner zweiten Strophe. Trotz der vergangenen harten Jahre ist es ihm wichtig festzuhalten, dass es Weihnachten wird, wo Gott zu uns kommt. Wobei der Satz: „Gott wird Mensch“ mächtig herausfordert. Vom Verstand allein ist dies nicht zu erfassen. Da braucht es zugleich unser Herz. Ja ein Vertrauen, dass Gott auch in dunklen Stunden nicht fern ist. Eine Zuversicht, dass alle dunkle Zeiten mit der Geburt Jesu und mit seinem Tod und Auferstehen ein Ende haben. Weil Gott die Berg- und Talfahrten unseres Herzens kennt, weiß er, wie es um uns steht. So dürfen wir zu ihm kommen mit unserer Enttäuschung und unserer Hoffnung, mit unseren Sorgen und unserem Vertrauen, mit unserer Schuld und unserer Zuversicht. Gerade auch in diesen so „verrückten“ Zeiten.

In der 9. Strophe schreibt Paul Gerhardt: „Die ihr arm seid und elende, kommt herbei, füllet frei eures Glaubens Hände. Hier sind alle guten Gaben und das Gold, da ihr sollt euer Herz mit laben.“ Sicher, das sind alte Worte, das ist barocke Sprache – nicht unsere Sprache. Und doch trifft es unsere Situation. Paul Gerhardt nimmt auf, was der Evangelist Lukas in seiner Weihnachtsgeschichte sagt (Lukasevangelium, Kapitel 2): Weil Gott weiß, wie bedrückt wir sein können, kommt er in Jesus Christus zu Weihnachten zu uns. Weihnachten wird es, wo traurige Herzen wieder hoffnungsvoll werden, wo verstummte Herzen wieder anfangen, dem Himmelsgesang der Engel zu lauschen, wo harte Herzen von der Liebe Gottes erweicht werden und wieder zuversichtlich schlagen, ja wo „Glaubens Hände gefüllt“ und „Herzen gelabt“ werden.

 

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