Im Jahr 2003 entstand im Gebäude 15a in Zschadraß ein einmaliges Kunst- und Museumsprojekt. Der Künstler Christoph Mayer entwarf in den Räumlichkeiten des Diakoniewerks eine Dauerausstellung, die sich den Themen Ethik, Psychiatrie und Neurologie auf interessante Weise nähert. Fakten und Artefakte aus über 100 Jahren deutscher Psychiatriegeschichte, die sich an kaum einem anderen Ort wie Zschadraß so genau nachzeichnen lässt, ziehen die Besucher der interaktiven Ausstellung in ihren Bann.
Wer sich einen Ersteindruck verschaffen möchte: Zum Internationalen Museumstag 2021 ist ein Video-Clip auf dem Youtube-Kanal der Diakoniestiftung in Sachsen entstanden: Wir begleiten mit der Kamera zwei Besucher dabei, wie sie das Zschadrasser Museum entdecken.
Die Geschichte der Heilstätten in Zschadraß hat Licht- und Schattenseiten. 1868 wurden sie zunächst als Außenabteilung der Versorgungsanstalt Colditz gegründet. Zschadraß war die zweite „agricole Kolonie“ für psychisch Kranke an einer deutschen öffentlichen Klinik und stand in der Tradition einer humanen Psychiatrie. 1894 wurde die Anstalt selbstständig. 1914 war sie in der Lage, 1000 Kranke aufzunehmen.
Der I. Weltkrieg brachte die erste große Krise der Anstalt mit sich – und auch ihr erstes großes Versagen. Ähnlich wie in vielen anderen deutschen Anstalten starben auch in Zschadraß ungefähr 1000 Patienten an schlechten Lebensbedingungen, so dass nach Kriegsende einige Gebäude leer standen. Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, fielen ihre mörderischen Vorstellungen in der deutschen Psychiatrie auf fruchtbaren Boden. Auf Grund des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ wurden in Zschadraß viele hundert Menschen zwangssterilisiert. Im II. Weltkrieg wurde die so genannte Aktion T4, der Massenmord an geistig Behinderten und psychisch Kranken, zu einer Art Generalprobe für den Holocaust. Auch Zschadraß war von der Aktion betroffen. Mindestens 226 Patienten wurden direkt in eine Tötungsanstalt geschickt. 3910 Patienten aus anderen Anstalten wurden vorübergehend in Zschadraß untergebracht, um anschließend in Tötungsanstalten weitergeleitet zu werden. Auch nach der Aktion T4 ging das Morden weiter.
Nach dem Krieg gelang es, wieder an das positive Erbe der Zschadrasser Anstalt anzuknüpfen. Es wurde eine Klinik für Lungenheilkunde angegliedert, die auch eine chirurgische Abteilung und ein Forschungslabor umfasste und sich zu einer international angesehenen Forschungsinstitution entwickelte. Zschadraß blieb aber weiterhin auch eine Klinik für Psychiatrie. Nach der politischen Wende 1989/ 90 wurde Zschadraß ein Sächsisches Krankenhaus. 1998 wurden Thoraxchirurgie und Pulmologie trotz Widerstands der Zschadrasser nach Chemnitz verlegt, so dass in Zschadraß nur noch Neurologie und Psychiatrie verblieben. Im darauf folgenden Jahr übernahm die Diakoniewerk Zschadraß gGmbH die Klinik.
In fünf aufeinanderfolgenden Räumen verarbeitet die Ausstellung die Zschadrasser Geschichte und wirft die ethischen Fragen der Behandlung von (vermeintlich) psychisch Kranken auf den Betrachter zurück - ein spannender Ausflug in die Welt des speziellen und alltäglichen Wahnsinns.
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