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Was ist Integrative Psychiatrie und Psychosomatik?

Das Konzept einer integrativen Psychiatrie und Psychosomatik reagiert auf wichtige Trends innerhalb des Fachgebiets sowie auf gesundheitspolitische und epidemiologische Entwicklungen. Integrative Psychiatrie und Psychosomatik möchte den Menschen in seinen vielfältigen und natürlichen Potenzialen erreichen und greift dabei auf ein teilweise Jahrtausende altes Erfahrungswissen zurück. Dabei werden die achtsamkeitsbasierten, psychotherapeutischen, naturheilkundlichen sowie die pharmakologischen Therapieverfahren in ihrer synergistischen Wirkung für einen individuellen Heilungsprozess genutzt. Durch die allgemeine Zunahme psychischer, insbesondere auch stressassoziierter Erkrankungen ist eine solche Betrachtungsweise auch für die Psychiatrie und Psychosomatik von besonderer Bedeutung.

Integrative Psychiatrie und Psychosomatik beschreibt somit eine konsequente Weiterentwicklung der biologisch fundierten Betrachtungsweise unter Berücksichtigung der Ergebnisse und Erfahrungen der Komplementär- sowie der Mind-Body-Medizin. Dabei geht es darum, das konventionelle Konzept (bio-psycho-soziales Modell) um den Erfahrungsstand der Naturheilverfahren, der Ernährungsmedizin, der Bewegungselemente sowie kontemplativer Verfahren zu erweitern. Es ist gewissermaßen eine Helikopterperspektive, die es erlaubt, auf unterschiedlichen Ebenen (individuelles Erleben, zwischenmenschliche Interaktion und Gesellschaft) und in ihren Wechselwirkungen zum richtigen Zeitpunkt mit speziellen und individuell abgestimmten Anwendungen auf die Gesundung des Patienten Einfluss zu nehmen. Neben der Symptomreduktion und der Akutbehandlung, welche eine Domäne der konventionellen Psychiatrie ist, legen komplementäre Verfahren ihren Schwerpunkt auf die Steigerung der Selbstheilungskräfte und der Selbstregulation, der Selbstwirksamkeit und auf die Stärkung des inneren Gleichgewichts zur nachhaltigen Prävention.

Was ist Integrative Psychiatrie?

Erstmals in der Medizingeschichte ist es möglich geworden, alle Medizinsysteme gleichzeitig zu studieren, sie auf Ihre Validität zu prüfen und das teilweise jahrtausendalte Wissen für die klinische Versorgung wie auch für Forschung und Lehre zugänglich zu machen. Durch die allgemeine Zunahme psychischer, insbesondere auch stress-assoziierter Erkrankungen ist eine solche Betrachtungsweise auch für die Psychiatrie von besonderer Bedeutung.

Vertiefte Einblicke in die theoretischen Grundlagen integrativer Medizin finden Sie auch in diesem Interview mit PD Dr. med. habil. Dr. rer. soc. Brunnhuber.

Das 6-Säulen-Modell integrativer Psychiatrie und Psychosomatik

Basierend auf dem historischen Konzept europäischer Naturheilkunde sind sechs Säulen für die integrative Psychiatrie und Psychosomatik des 21. Jahrhunderts bedeutsam.

1. Traditionelle Psychiatrie und Psychosomatik

Hierzu gehören die klinische und apparative Diagnostik und die medikamentöse und psychotherapeutische Behandlung. Der störungsspezifische Ansatz wird in der Behandlung zunehmend durch einen salutogenetischen Ansatz ergänzt. Das heißt, Patienten erkennen die sie krankmachenden Faktoren und stärken jene Faktoren, welche ihre Gesundheit fördern und erhalten im Sinne des Selbstwirksamkeitsprinzips. Dieser Ansatz ist evidenzbasiert und leitlinienorientiert.


2. Mind-Body-Medizin (MBM)

Dies beinhaltet das weite Spektrum an Achtsamkeitsübungen, wie sie alle Medizinsysteme der Welt in unterschiedlicher Ausprägung anbieten. Die beste empirische Evidenz liegt für den tibetischen Buddhismus mit seinen Visualisierungstechniken und Atemübungen, dem indischen Yoga und dem Vipassana, dem japanischen ZEN, dem US-amerikanischen Relaxation Response sowie mittlerweile auch für eine Reihe von europäischen Praktiken vor. Darüber hinaus werden spezielle Biofeedback-Interventionen, Atemtherapien, mit Zeiten der geführten Stille und des aktiven Schweigens kombiniert.

3. Ernährungsmedizin

Sie umfasst neben dem bewussten Umgang mit der Nahrungsaufnahme eine Umstellung der Ernährung auf eine regionale, saisonale mediterrane/asiatische Vollwertkost, eine individuelle Ernährungsberatung, spezifische Fastenprogramme und Diäten sowie Entlastungstage.

4. Physio- und Ergotherapie

Hierzu gehören neben der konventionellen Physiotherapie und hydrotherapeutischen Anwendungen auch Atem- und Körpertherapien, Kolonmassagen, Hot Stone Behandlungen, Feldenkrais, Reiki, Posturomed, Massagen, McKenzie Schmerztherapie, Manualtherapien, Zwei- und Vierzellenbäder, Entspannungsbäder sowie Dorntherapie, Fango, Kinesiotape, Tuina, Cogpack, Garten- und Holztherapien.

5. Bewegung

Bewegungselemente innerhalb eines integrativen Konzeptes umfassen zum Beispiel Walking, Tai Chi, Qi Gong, spezielle Sportprogramme, Yoga und Krankengymnastik.

6. Komplementär-alternative Medizin (CAM)

Sie stellt eine zentrale Erweiterung und Ergänzung des Konzepts integrativer Psychiatrie und Psychosomatik dar und umfasst z.B. Akupunktur und Akupressur, Aromatherapie, Nahrungsergänzungsmittel, Neuraltherapien, Phytotherapie, Schlaftees, Wickel und Auflagen. Die einzelnen Therapieangebote werden anhand des spezifischen Krankheitsbildes individuell für den Patienten abgestimmt.

Zusammengefasst

Durch diese Erweiterungen wird der traditionellen Stigmatisierung des Fachgebiets weiter entgegengewirkt, es können Liegedauern verringert, der häufige “Drehtüreffekt“ reduziert und dadurch eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung erreicht werden. Durch unser hauseigenes Transportsystem, eine hoch frequentierte Mutter-Kind Einheit, die Unterstützung von Selbsthilfegruppen und Angehörigen sowie eine aufsuchende Pflege werden eine hohe sozialpsychiatrische Präsenz garantiert und der integrative Charakter um seine soziale Dimension vervollständigt. Aus den klassischen “Irrenanstalten” des 19. Jahrhunderts wird so ein moderner Gesundheitsdienstleister im 21. Jahrhundert. Berücksichtigt man den Umstand, dass bei über 2/3 aller medizinisch relevanten Störungsbilder ein stress-assoziierter Zusammenhang nachweisbar ist, kommt einem integrativen Ansatz auch über die Fachgrenzen der Psychiatrie hinaus eine besondere Bedeutung in der Grundversorgung zu. Zusätzlich wird das Fachgebiet in einen breiteren Kontext gestellt und das Fort- und Weiterbildungsangebot für Assistenz- und Fachärzte verbessert. Des Weiteren werden die Pflege sowie Ergo- und Physiotherapie in ihrem klinischen Stellenwert aufgewertet, da sie noch stärker in den therapeutischen Prozess integriert werden. Schließlich erleichtert eine zunehmend bessere empirische Studienlage zu einzelnen Verfahren die Zusammenarbeit mit universitären Einrichtungen. Hierzu zählt neben der Kooperation mit der Charité in Berlin und den Universitäten Dresden und Würzburg sowie einer Reihe von Weiterbildungsinstituten für Psychotherapeuten, der Status als akademisches Lehrkrankenhaus der Technischen Universität Dresden und der PMU Salzburg.

Nachhaltige Weiterbildung - zertifiziert nach DGPPN und UEMS

Die DGPPN bietet seit 2007 interessierten Weiterbildungskliniken die Möglichkeit, sich als Weiterbildungszentren zertifizieren zu lassen. Grundlage der Zertifizierung sind die von der UEMS, einem europäischen Verband medizinischer Fachvertreter, erarbeiteten Kriterien zur Qualitätssicherung und -optimierung für Weiterbildungszentren. Damit bieten die Diakonie Kliniken Zschadraß europäische Standards in der Weiterbildung Psychiatrie und Psychotherapie an.

Das Zertifizierungsverfahren wurde an die nationalen Anforderungen für die psychiatrisch-psychotherapeutische Weiterbildung angepasst. Das Zertifikat ist zunächst für fünf Jahre gültig und muss nach Ablauf dieser Zeit erneuert werden.

Ansprechpartner
Prof. Dr. Dr.
Stefan Brunnhuber

Ärztlicher Direktor

Im Park 2b
04680 Colditz

Telefon Tel. 034381 87300